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In der Bahn liegt ein hochglänzendes Journal aus, welches die Meriten des Bahnfahrens nicht schön und romantisch genug preisen kann. Eine der dortigen Rubriken, die ich mit großem Interesse lese, wenn ich wie im Augenblick so häufig zwischen Leipzig und Berlin pendele, schreibt davon, was für spannende Mitreisende man im Zug kennenlernen kann. Famose, interessante Menschen, die man unbedingt gerne kennenlernen möchte.

So etwas wollte ich auch immer erleben, allein heute hatte ich Anlaß für einen solchen Text:

Die Mitreisende.

Sie betritt den Wagen und alles erstarrt. Sie ist unglaublich fett, mehr als passend in Rosé und Bleu gekleidet. Aus allen Spalten zwischen den Kleidungsstücken quillt am ganzen Körper pures Fett. Sie trägt ein Hündchen mit sich, ebenfalls in Rosé gewandet. Schnauzt mit knarzender Stimme einen Mann an, der auf ihrem Platz sitze und droht mit der Platzreservierungskarte. Sie hat sich in der Reihe geirrt. Läßt sich mit einem furzähnlichen Geräusch auf zwei der Sitze - sie hat nur einen reserviert- fallen. Sie kann nicht anders. Sie braucht zwei Sitze. Muß jeder einsehen. Schlägt mit der Faust gegen die doppelte Sicherheitsverglasung des Waggons und schreit laut ihrer Mutter viele Grüße an irgendwen zu. Die Mutter schaut ratlos, hört offenbar nichts. Die Mitreisende schlägt heftiger und schreit lauter. Der Zug fährt endlich ab. Sie packt ein hellgrün gewandetes Tablet aus und schaut laut hörbar Bollywood-Kitsch. Irgendwann packt sie ein übelriechendes Käsebrot aus. Der Zug füllt sich. Als sich ihr gegenüber ein Paar niederlassen möchte, auf eindeutig nicht reservierten Plätzen krächzt sie, ob das sein müsse. Ihr Hund würde nervös wenn er Menschen begegne. Ihr Käse stinkt in Wettbewerb mit ihren Füßen, die sie aus grünlichem Plaste ausschält und auf den Tisch legt.

Menschen machen den Hund nervös. In Gegenwart von Frauchen ist er die Ruhe selbst. 

Frauchen rülpst unentwegt. Frauchen furzt unentweg.

Mir gegenüber saß die perfekte gegenderte Paßfigur für eine Doppelrolle als gegenderter Glöck:ner:in: von Notre Dame, gekreuzt mit Franken:stein:er:In.

Soviel Kino wie bei der Deutschen Bahn kann man anderswo kaum für so wenig Geld bekommen. Ich hab für die Kinofahrt von Leipzig nach Hannover einschließlich Fettschwabbelblödfleischansicht nur 11,75 zahlen müssen.